Erfolgreiches Deutschlandtreffen mit neuen Perspektiven:

Mit frischer Kraft gemeinsam für Schlesien

Dr. H.-W. Fleger

 

Mit Spannung fieberte der geschäftsführende Vorstand der Landsmannschaft Schlesien dem Deutschlandtreffen 2015 in Hannover entgegen. Kein Treffen zuvor war wichtiger als dieses – ein Treffen, das das Schicksal und die Zukunft der Landsmannschaft Schlesien entscheidend beeinflussen sollte.

Nur ungern erinnert man sich zwei Jahre zurück, als das schlecht besuchte Deutschlandtreffen und die dabei öffentlich ausgetragenen inneren Querelen die Landsmannschaft Schlesien in eine große Krise stürzten, die fast zur Auflösung dieses großartigen Vereins geführt hätte. Trotz dieser negativen Erfahrungen wollte der damals neu gewählte geschäftsführende Vorstand, angeführt von ihrem Vorsitzenden Stephan Rauhut, nicht auf weitere Treffen verzichten. Schon frühzeitig suchte man in Hannover den Dialog mit den Vertretern aller Parteien, die die neue Entwicklung in der Landsmannschaft positiv aufnahmen und ihre volle Unterstützung zusicherten. Damit war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung getan.

 

Um hohe Kosten zu sparen, wählte man das Congress Centrum als Räumlichkeit für das Deutschlandtreffen, was sich als guter Griff erweisen sollte:

 

Am 19. Juni begann dieses Treffen mit dem Empfang bei der CDU Landtagsfraktion des Landtages Niedersachsen. Anschließend fand der ökumenische Gottesdienst in der Neustädter Hof- und Stadtkirche statt. Landesbischof i.R. Horst Hirschier erfreute sich einer vollbesetzten Kirche und riss die Teilnehmer des Gottesdienstes mit einer sehr ansprechenden Predigt in seinen Bann. Auf heiterer Art und Weise berichtete er von seinen Erfahrungen mit Schlesiern, denen er im Vorfeld über diesen Gottesdienst informiert hatte. So erfuhr er von einem Schlesier, dass dieser in der Lage sei, Schlesier am Glanz in deren Auge  zu erkennen. Bischof Hirschier gab jedoch zu, selbst noch Schwierigkeiten mit dieser Gabe zu haben. Nach dem Gottesdienst startete auf dem Hof der Neustädter Hof und Stadtkirche die Darbietung „Schlesien grüßt Hannover“. Eine schlesische Tanz- und Trachtengruppe zeigte Tänze. Ein Stand bot schlesischen Kuchen und Kaffee gegen eine kleine Spende an. Die Stimmung war sehr gut. Leider spielte das Wetter nicht mit und der Regen beendete vorzeitig diese schöne Aktion.

 

Am Samstag trafen sich dann die Schlesier im Congress Centrum. Das erste positive Signal: Schon frühzeitig konnte man auf dem Parkplatz einige Reisebusse sichten, was an frühere gutbesuchte Treffen erinnerte. Tatsächlich strömten deutlich mehr Besucher in das Centrum als in den Vorjahren. Dr. Gotthard Schneider, Präsident der Delegiertenversammlung, eröffnete die Feststunde und freute sich über die zahlreichen Besucher: „Endlich wieder ein Schlesiertreffen! Wir haben schon unter Entzugserscheinungen gelitten.“, so waren seine einleitenden Worte, die zu einem tosenden Beifall führten. Dr. Schneider führte so auf einer sympathischen Art und Weise durch das Programm. Höhepunkt der Feststunde war die Verleihung des Schlesierschildes an Herrn Peter Großpietsch. Die Laudatio hielt sein damaliger Amtskollege, Herr Christian Kuznik, der deutlich hervorhob, dass Peter Großpietsch die höchste Auszeichnung der Landsmannschaft Schlesien wahrlich verdient hat. In seiner Dankesrede erklärte Peter Großpietsch, dass er seinem Vater am Sterbebett versprochen habe, sich um Schlesien zu kümmern! Bescheiden endete er seine Rede mit dem rührenden Satz: „Ich habe es versucht!“

 

Nach dem Grußwort Hannovers Bürgermeisters Dieter Scholz, der zugab, dass ihm als kleinem Jungen die Besuche bei den Schlesiertreffen stets  „stinklangweilig“ gewesen waren, erklärte Bernd Busemann, Präsident des Niedersächsischen Landtages, dass die Landsmannschaft Schlesien aufgrund ihre Charta den Friedensnobelpreis verdient hätte. Der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft Schlesien, Stephan Rauhut, ergänzte stolz, dass dieser Nobelpreis dann der  14. sei, der an Schlesier gehen würde. In seiner anschließenden Rede berichtete Stephan Rauhut über seine bisherigen Aktivitäten. Seine Gespräche mit namhaften Politikern und mit Führungspersönlichkeiten in der schlesischen Heimat führten zu deutlich verbesserten Beziehungen und zu einem höheren Stellenwert der Landsmannschaft Schlesien. So lobte Stephan Rauhut diese guten Beziehungen, erklärte aber deutlich, dass diese durchaus noch intensiviert werden müssten. So wies er auf das Missverhältnis hin, dass zur Zeit die schlesische Kulturförderung lediglich in einer Höhe von 50.000€ erfolgt, während andere Vertriebenenverbände mit 3 Millionen Euro gefördert werden. So gäbe es noch einen erheblichen Handlungsbedarf, um dieses Missverhältnis abzumildern. Er wagte einen Blick in die Zukunft: „Ich habe einen Traum! Den Traum, dass es eines Tages ein Schlesien gibt, in denen die Ortschilder aller Orte auch den früheren deutschen Namen des Ortes enthalten!“ Der Beifall bestätigte die breite Zustimmung der Besucher. Die festliche Stunde endete mit dem gemeinsamen Singen der Nationalhymne. Danach eröffnete der Bundesvorsitzende offiziell das Deutschlandtreffen.

Die Halle des Congress Centrums, die nahezu die gleiche Größe wie die früher genutzte Halle des Messegeländes besitzt, füllte sich schnell. Ebenso schnell wurde deutlich, dass die Besucherzahl größer sein würde, als in den Vorjahren. Die Stimmung unter den Besuchern war sehr gut und recht harmonisch. Die Musiker der Original Breustertaler Blasmusik ließen es sich nicht nehmen, die Anwesenden in der großen Halle mit heimatlichen Klängen zu erfreuen. Vermisst wurde ein Fleischerstand mit schlesischen Wurstspezialitäten. Trotz intensiver Bemühungen durch die Organisationsleitung erklärte sich kein Fleischermeister bereit, seine Ware anzubieten. Betriebswirtschaftliche Gründe standen dabei im Vordergrund - leider nicht die idealistischen Gründe, so wie es noch zu früheren Zeiten üblich war. Aber das konnte die gute Laune der Schlesier nicht trüben. So nutzten viele die kulturellen Angebote, wie z.B. die von Prof. Dr. Michael Pietsch geleitete Schlesische Sommerakademie oder den Bundesmitarbeiterkongress, in der der Bundesvorsitzende Stephan Rauhut mit den Teilnehmern aktuelle Themen diskutierte.

 

Ebenso gut besucht war der traditionelle Heimatabend mit einem abwechslungsreichen Programm. Schlesische Tanzgruppen, Gesangs- und Mundartdarbietungen sowie immer wieder eingebaute gemeinsam gesungene Lieder aus der Heimat sorgten für einen unterhaltsamen Abend, der von Frau ….. sympathisch moderiert wurde. Eine Überraschung zu Beginn des Heimatabends war der Besuch des BdV Präsidenten Bernd Fabritius, der vor einigen Monaten das Amt von Frau Erika Steinbach übernahm. Dieser ließ es sich nicht nehmen, nach den in Berlin stattfindenden Feierlichkeiten des 1. Gedenktages für die Opfer von Flucht und Vertreibung sofort nach Hannover zu reisen, um u.a. die Grüße von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu übermitteln. In seiner Begrüßungsrede informierte er die Besucher darüber, dass Frau Erika Steinbach aufgrund ihrer großartigen Verdienste einstimmig zur Ehrenpräsidentin des BdV gewählt wurde.

 

Der Sonntag begann ebenso vielversprechend wie der Tag zuvor. Dieses Mal standen noch mehr Reisebusse vor dem Congress Centrum. Traditionell startete der Tag mit einem katholischen und mit einem evangelischen Gottesdienst, die wie immer räumlich voneinander getrennt in einem sehr festlichen Rahmen stattfanden. Mit Spannung erwarteten die Besucher die politische Hauptkundgebung, die dieses Mal wieder mit zahlreichen Prominenten aus der Politik stattfand. Nach einem beeindruckenden Einmarsch der schlesischen Fahnenträgern und Trachtengruppen, der vom gemeinsam gesungenen Schlesierlied untermalt wurde, begrüßte Präsident Gotthard Schneider mit großer Freude die anwesenden Gäste und war sich nicht sicher, ob er sich selbst als schlesischen Bayer oder als bayrischen Schlesier bezeichnen solle. Er blickte glücklich in so viele fröhliche Gesichter und verstand nun die Worte des Landesbischofs Horst Hirschier beim Freitags – Gottesdienst: „Ich erkenne nun auch den typisch schlesischen Glanz in Ihren Augen!“, bestätigte der Präsident der Delegiertenversammlung die Freude der Besucher. In einer rührigen Totenehrung gedachte Gotthard Schneider der Menschen, die nicht mehr unter uns weilen. Es folgte die Grußrede des Bürgermeisters von Hannover, ….., der würdigend an Herbert Hupka, der am 15. August dieses Jahres seinen 100. Geburtstag hätte. Bürgermeister… lobte die Landsmannschaft, dass sie diesen Tag besonders begehen wird. Es folgte die Rede von Boris Pistorius, dem niedersächsischer Minister für Inneres und Sport, der ebenfalls auf schlesische Wurzeln zurückblicken kann und den „göttlichen Streuselkuchen“ seiner Oma besonders gut in Erinnerung behalten hat. Er unterstrich, dass die Deutschen den Polen viel Leid während des 2. Weltkrieges angetan haben und hielt dagegen, dass diese Tatsache kein Grund seien, die Verbrechen gegen die Deutschen mitsamt der Vertreibung in Vergessenheit geraten zu lassen. Präsident Gotthard Schneider ließ es sich nicht nehmen, den Minister zu loben: „Sie haben das sehr geschickt gemacht: Mit der Geschichte vom Streuselkuchen Ihrer Oma haben sie die Herzen der Zuhörer erobert!“ So ließ der Präsident humorvoll erkennen, dass er sich zu einigen politischen Inhalten nicht genauer äußern wollte.

 

So hatten die Besucher des Deutschlandtreffens nach der politischen Hauptkundgebung noch reichlich Gelegenheit, sich auszutauschen, sich an frühere Zeiten zu erinnern, sich zu informieren und einfach mit Gleichgesinnten zu loabern. So ging jeder zufrieden nach Hause, vollgetankt mit neuem Optimismus für die Zukunft. Gleiches gilt für die Organisatoren der Landsmannschaft Schlesien, die sich über die Zahl von gut 2000 Besuchern erfreuen konnten.