In unserer Gastheimat: Herne in Westfalen

 

Am 13. August 1946 trafen etwa 289 Männer, Frauen und Kinder aus unserer Heimat Stadt und Kreis Strehlen in Herne ein; Unterbringung im Bunker Constantin an der Mühlhauser - Straße. Nach mehrwöchigem Aufenthalt im Bunker bei künstlicher Belüftung und Beleuchtung, aber auch anerkannt gut verpflegt, erfolgte endlich wieder Unterbringung in menschlichen Wohnungen, wenn auch beengt und nicht selten ungern aufgenommen. Die Heimatgefährten wurden auf die ganze Stadt Herne verteilt, die, weil sie relativ wenig zerstört war, die "Goldene Stadt Herne" genannt wurde. Doch war nicht immer alles golden in Herne. Die Heimatvertriebenen litten sehr unter der Schockwirkung der dramatischen Ausweisung aus der Heimat und den Kriegsfolgelasten. Indessen bemühte man sich, seitens der Stadtverwaltung Herne bei der Unterbringung und Versorgung der Vertriebenen, die zwangsläufig einhergehenden Härten zu lindern, soweit es bei der allgemeinen Notlage, in der sich in jenen Jahren jede Stadt befand, menschlich möglich war. Trotzdem blieb die Last, die auf den Schultern der Vertriebenen ruhte, für lange Jahre drückend, und mancher wird sie gar nicht loswerden.

Die vordringliche Aufgabe war es, dir in Herne untergebrachte Heimatfamilie Strehlen zusammenzuhalten, um so die Liebe und die Erinnerung an unsere unvergessene Heimat in Kindern und Erwachsenen wachzuerhalten, aufs neue zu schüren und dadurch zu stärken. Denn

jede Zusammenkunft lieber Freunde aus der Heimat ist immer eine Quelle neuer Stärken. Aus dieser verbindenden Kraft wird auch uns die Stärke erwachsen, jederzeit für unser Recht um unsere Heimat einzustehen; denn: "Wenn die Heimat lebt, wird auch unser Volk leben."

Aus diesem Gedanken heraus bemühten sich zunächst Frau Charlotte Gräsner, geb. Rißler, mit Unterstützung von Frau Irmtraut Zwolinski, geb. Drescher, und anderer aktiven Frauen, ein Lokal zu suchen, in dem man sich turnusmäßig zu treffen gedachte. Nach langem Suchen fanden wir Aufnahme im "Ostentor"', Wiescherstr. 1 bei Hirdes. Dieser Gedanke des Zusammenhaltens fiel auf recht fruchtbaren Boden. Man beschloß, sich immer jeden 1. Sonntag im Monat im "Ostentor" zu versammeln. Den Vorsitz übernahm zunächst Hfrd. Hans Wagenknecht von 1946 bis 1947. Diese zwanglosen Zusammenkünfte wurden aber später, als die wirtschaftlichen Verhältnisse es gestatteten, weiter ausgebaut; denn es sollten nicht nur Plauderstunden sein. Langsam wich auch die Schockierung, die durch die Ausweisung ausgelöst worden war. Das reale Leben wurde wieder wach. Wichtig war, daß das heimatliche Kulturgut, das sich in Sitten, Bräuchen, Lied und Spruch kundtut, zu erhalten, um es der nachwachsenden Generation als wertvolles heimatliches Gut in die Herzen zu pflanzen und in treue Hände zu geben. Deshalb gab man den Treffen des "Transportes Strehlen" einen fest umrissenen Inhalt. Man beging Advents- und Weihnachtsfeiern, bot Volkstänze mit Gesang und Dichtung, Stunden der Besinnung durch Vortrag und Vorlesung aus Poesie und Prosa und gedachte auch des Tagesgeschehens.

Diese Art der Zusammenkünfte erfreute sich großer Beliebtheit und großen Zuspruches. Nachdem Hfrd. H. Wagenknecht nach langer, entsagungsvoller Arbeitslosigkeit nach Oldenburg in Arbeit und Lohn gerufen wurde, übernahm den Vorsitz von 1947 bis Jan. 1949 Frau Gräsner, danach fur kurze Zeit Hfrd. Fritz Ferdinand und bald darauf Hfrd. M. Schumann. Aber auch er legte ihn bald wieder nieder, nachdem er von Hfrd. H. Drescher vertreten worden war. Dem daran anschließenden "Interregnum" folgte später Hfrd. Georg Fabiunke als Vorsitzender. Nach dessen Verzug wurde sein Nachfolger die Lehrerin Frl. Breuer-Danke und nach ihr Hfrd. Kurt Machke.

In der Folgezeit wollte man sich alle Vierteljahre treffen. Denn inzwischen hatten viele Heimatgefahren wieder Beschäftigung im alten oder in einem neuen Beruf gefunden, so daß die freie Zeit nicht mehr so zur Verfügung stand, wie in den ersten Jahren nach der Vertreibung, wo fast alle längere oder kürzere Zeit erwerbslos waren. So wickelte sich das Leben bis 1956 in dem "Transport Strehlen " ab.