In der Heimat der Großeltern / Filmvorführung

 

Wie in der Märzausgabe des Heimatblattes angekündigt, wurde der Film „In der Heimat der Großeltern“ am 20. März in der Heimatstube zu Herne vorgeführt. Wie immer war ich im Vorfeld recht skeptisch, was die liebe Technik betrifft. Meine langjährigen Erfahrungen hatten mich gelehrt, dass es bei öffentlichen Vorführungen eigene Gesetze gelten, wenn sie mit moderner Technik verbunden sind: Zuhause nutzt man die Technik unzählige Male – und sie funktioniert. Dann möchte man jemand eine Kleinigkeit vorführen – die Technik streikt. So etwas nennt man den „Vorführeffekt“. So wollte ich natürlich sicher gehen, dass mein für den 20. März angekündigter Film einwandfrei abläuft. Geplant hatte ich, den Film per Projektion auf eine große Leinwand zu zeigen. Dann fiel mir aber rechtzeitig ein, dass die Vorführung um 14:00 Uhr stattfinden sollte und die Heimatstube vermutlich nicht genügend abgedunkelt werden konnte. Ein Test bestätigte meine Befürchtungen. Gott sei Dank stellte mir mein Neffe Christopher seinen großen, aber dennoch handlichen Fernseher zur Verfügung, so dass sogar die Voraussetzungen für qualitativ sehr gute Bilder gegeben waren.

Am Samstagnachmittag war es dann so weit. Natürlich hatten wir keine Vorstellungen darüber, wie viel Interessenten kommen würden. Aber schon frühzeitig trafen die ersten Gruppen ein, die sogar eine längere Anfahrt in Kauf genommen hatten, um sich diesen Film anzuschauen. So freute ich mich, diese begrüßen zu dürfen:

 

Liebe Heimatfreunde,

 

ich begrüße Sie herzlich zur heutigen Filmvorführung hier in der Heimatstube. Ich freue mich, dass mehr Interessenten gekommen sind als ich erwartet habe. Es ist schon etwas Besonderes, gemeinsam mit Leidgenossen einen Film aus der alten Heimat zu sehen. Ich bin sicher, dass dieser Film zahlreiche alte Erinnerungen wecken wird und Sie haben die Möglichkeit, diese Erinnerungen anderen mitzuteilen.

Bevor ich den Film starte, möchte ich noch einige interessante Informationen in Zusammenhang der Entstehung dieses Filmes geben: Wie Sie vielleicht wissen, waren wir im September 2008 zum Hussinetz – Seminar in Strehlen. Natürlich nutzten wir die Gelegenheit, die Dörfer zu besuchen. So waren wir eines Abends auch im Pultar – Saal (Sonntagschule) in Friedrichstein zu Gast. Ich ging auf die Höhe des Ziegenberges und beobachtete Richtung Zobten einen wunderschönen Sonnenuntergang. Die Sonne und der Himmel zeigten sich im glutroten Glanz - ein Ereignis, das man nicht oft beobachten kann. Natürlich nahm ich einige Fotos davon auf, indem ich von links nach rechts – über den Zobten hinweg - in Richtung Strehlen schwenkte. Ich hatte vor, aus diesen ein Panoramafoto zu erstellen, was ich zu Hause natürlich auch sofort in Angriff nahm. Beim Betrachten der Sonnenuntergang - Fotos fiel mir ein, dass ich Videoaufnahmen vom großen Heimattreffen 2004 in Herne gemacht hatte. Bei diesem Heimattreffen spielte der Organist Matthias Müller während des Gottesdienstes Werke von Max Drischner, u.a. den Sonnenhymnus. Das Motiv des Sonnenhymnus entstand, als der Prieborner Kirchenorganist Max Drischner in der Frühe von Prieborn aus Richtung Rummelsberg wanderte und einen wunderschönen Sonnenaufgang erlebte. Ich durchforstete die alten Videoaufnahmen und fand das Konzert. Beim Lauschen der Klänge und beim Betrachten der Fotos wurden meine Gedanken plötzlich in die frühere Zeit zurückversetzt. Hier, wo ich die Fotos vom Sonnenuntergang aufnahm, hatte Hermann Papesch  (der Vater von Hartmut, Ingrid und Kristina) seine Landwirtschaft und seine Felder. Wie oft hatte er wohl während seiner harten Arbeitstage solche Sonnenauf- und untergänge beobachtet? Hermann Papesch liebte seine Arbeit und Sonne bedeutete für ihn Wärme, Wärme bedeutete eine gute Ernte und eine gute Ernte bedeute Nahrung für seine Familie. Durch die Klänge des Sonnenhymnus hatte ich den Eindruck, die Gefühle der damaligen Zeit nachzuempfinden.

Jetzt war für mich eine neue gute Idee geboren: Ich mache einen Film „In der Heimat der Großeltern“, der mit diesem Sonnenhymnus beginnt und die untergehende Sonne zeigt. Wie könnte man den Zuschauer emotional besser in die Vergangenheit versetzten als auf diese Weise? So suchte ich alle Videoaufnahmen heraus, die ich seit 1999 in Strehlen aufgenommen hatte. Ich setzte die besten Szenen zu einem Film zusammen, wobei ich auch selbsterstellte Fotografien einsetzte, die zum Teil als Panoramafotos zusammengefügt wurden. Für die Filmsequenzen suchte ich eine passende musikalische Untermalung und war erfreut, dass ich nicht nur die passende Musik sondern auch zutreffende Titel fand, wie z.B. die Klaviermusik „Einsame Blumen“ von Franz Schubert (Waldszenen) als Untermalung der Aufnahmen des böhmischen Friedhofs.

Was Musik bewirken kann, spürte ich auch beim Bearbeiten der Aufnahmen von Jeline und Großburg. Der Organist Matthias Müller spielte nämlich im besagten Gottesdienst auch Drischners Interpretation des Chorals „Lobe den Herren“. Das war der Lieblingschoral von Frieda Papesch (Mutter von Hartmut, Ingrid und Kristina). Also lag es für mich nahe, diesen Choral unter den Filmsequenzen dieser beiden Orte zu setzen. Als ich stolz diese musikalisch untermalte Sequenz am Monitor betrachte, wurde ich plötzlich sehr traurig. Mir wurde bewusst, dass dieses Konzert zum Heimattreffen 2004 während einer Zeit stattfand, als Frieda Papesch aufgrund eines schweren Schlaganfalls sprichwörtlich am Bett gefesselt war und nicht mehr die Möglichkeit hatte, dieses schöne Konzert oder wenigstens diese Filmaufnahmen mit ihrem Lieblingschoral zu erleben.

Ich werde nun den Film starten. Lauschen Sie den Klängen des Sonnenhymnus und lassen Sie sich in die gute alte Zeit zurückversetzen“

 

So schaute man sich ganz gebannt den Film an, der in verschiedene Abschnitte gegliedert ist: So beginnt dieser, wie schon beschrieben, mit dem Sonnenuntergang über den Zobten, untermalt mit dem Sonnenhymnus von Max Drischner. Dazu erscheint in kurzen Zeitabständen der Text: „Am Anfang war die Erde ein Paradies, – doch der Mensch verlor es. – Aber Gott meinte es immer wieder gut mit uns Menschen – und so gab er uns das schöne Schlesien. – Für die Schlesier war ihr Land wie ein Paradies, – aber auch sie mussten ihr Paradies verlassen“. Es folgen Aufnahmen von Friedrichstein, Mehltheuer, Jeline und Großburg, denn hier war die Heimat unserer Vorfahren. Ein weiterer großer Abschnitt ist der Stadt Strehlen gewidmet, wobei ein Höhepunkt die Besichtung des Rathausstumpfes von innen sein dürfte. In diesem Film sind diesmal auch andere Orte des Kreises zu sehen, wie z.B. Eichwald, Steinkirche, Waldneudorf, Heinrichau, Niedermehltheuer oder Töppendorf. Ebenso interessant sind die Aufnahmen von einem Besuch des Vorstandes der Bundesheimatgruppe in der Grundschule und von der Teilnahme am Hussinetz – Seminar im September 2008. Der Schlussteil des Filmes zeigt schöne Ausflugsziele, wie z.B. die Besteigung des Zobten, die Besichtigung der Städte Breslau, Hirschberg (einschl. Schloss Lomnitz) und Görlitz.

 

Nach der Filmvorführung gab es zur Belohnung ein Kaffeetrinken mit leckeren, selbst gebackenen Kuchen. So unterhielt man sich in gemütlicher Runde über den Film und tauschte alte Erinnerungen aus. Nach dem recht unterhaltsamen Nachmittag gingen die Gäste vollen Lobes und zufrieden nach Hause.

 

Dr. Heinz-Werner Fleger