In der Heimat der Großeltern  (Fotos durch anklicken der entsprechenden Links)

 

Schon seit Juni 2009, anlässlich zum 70. Geburtstag meines Schwagers Hartmut, hieß es: „Wir müssen mal gemeinsam nach Strehlen fahren!“. Mit „Wir“ sind neben meiner Person die Geschwister Papesch (Hartmut, Ingrid und Kristina) sowie Friedhelm Tscherny mit Ehefrau Susanne gemeint. Den Spruch „Wir müssen mal….“ kennt jedermann sicherlich nur allzu gut – jedoch wird er erfahrungsgemäß nur selten umgesetzt. Diese Erfahrung besitzt auch unser Freund Friedhelm. Deswegen machte er schon frühzeitig „Nägel mit Köpfen“ und legte mit uns gemeinsam den 13. Juli bis zum 17. Juli 2010 als Reisetermin fest. Per EMAIL bestellte er die Zimmer im Hotel Maria, was übrigens reibungslos und rasch funktionierte, und damit war das Wichtigste geregelt.

 

In meinen EMAIL – Kontakten mit unserem Heimatfreund Falk Pusch berichtete ich Herrn Pusch von unserem Vorhaben, der spontan fragte, ob er sich unserer Reisegruppe in Strehlen anschließen dürfe. Das wäre für ihn die Gelegenheit, mit Zeitzeugen und Ortskundigen die ehemalige Heimat unserer Vorfahren besser kennen zu lernen. Natürlich war nichts dagegen  einzuwenden und ich freute mich, Herrn Pusch wiedersehen zu dürfen. Allerdings musste Herr Pusch als Inhaber der Pension „Zur alten Säge“ (www.pension-zur-alten-saege.de) erst einmal klären, ob er sich überhaupt für diese Tage frei nehmen konnte, denn sein Betrieb in Dorf Wehlen ist ein beliebter Anlaufspunkt für die Besucher der Sächsischen Schweiz. Aber er konnte sich auf ein eingespieltes Team rund um seiner Familie verlassen und bekam für den Zeitraum 13. bis 16. Juli grünes Licht.

 

Am Dienstag, dem 13. Juli, war es dann so weit. Um 6 Uhr in der Frühe starteten wir unsere Reise von Herten aus. Als Reiseroute wählten wir die A44 (Dortmund / Kassel) und schließlich die A4 Richtung Dresden / Görlitz. Mit Friedhelm und Susanne Tscherny, die von Münster anreisten, wählten wir die erste Raststätte auf der A44 als Treffpunkt, um von dort aus die Reise gemeinsam fortzusetzen. An der besagten Raststätte gesellte sich Schwager Hartmut zu den Tschernys und die gemeinsame Reise konnte beginnen. Bei schönstem Sonnenschein und staufreier Fahrt mit einigen Pausen ging es zügig voran. Bei früheren Reisen wählten wir oft ab Görlitz die Route über Hirschberg, die landschaftlich sehr schön und empfehlenswert ist, aber nur über Landstraßen führt und daher sehr langwierig ist. Diesmal blieben wir einfach auf der A4 und folgten der gut ausgebauten Autobahn etwa 170km bis Breslau. Dann lagen nur noch gut 30km vor uns und wir folgten der Landstraße von Breslau über Großburg nach Strehlen. Als wir die Autobahn in Breslau verließen, schien noch die Sonne, aber wir erkannten in Richtung Strehlen einen tiefdunklen Himmel. So erreichten wir Strehlen bei starkem Regen und wir befürchteten, dass vielleicht auch an den Folgetagen das Wetter schlecht sein könnte. Aber unsere Befürchtungen hatten sich Gott sei Dank nicht bestätigt, denn uns sollte eine sonnenreiche Woche erwarten.

 

Am späten Nachmittag erreichten wir das Hotel Maria. Wir erhielten Zimmer, die im Neubau lagen. Uns erschienen diese Zimmer kleiner, als im Altbau, aber sie waren modern eingerichtet. Neben einem Fernsehapparat, der nur 6 polnische Programme zeigte, gab es auch eine Klimaanlage mit Fernbedienung, deren Temperatur man leicht einstellen konnte und die das warme Zimmer schnell auf angenehmere Temperaturen abkühlte. Scheinbar gab es auf den Zimmern auch unsichtbare Mücken. Ich hatte zwar trotz genauster Untersuchung nie eine gesehen, aber umgekehrt schienen die Mücken mich gesehen zu haben. Nachdem wir das Gepäck einsortiert hatten, sollte es auf die Hotelterrasse gehen. Mittlerweile war auch Herr Pusch eingetroffen, den wir an der Rezeption trafen. Er wurde von dem Ehepaar Peter und Heidi Herzog begleitet. Da es noch nicht so spät war, setzten wir uns gemeinsam auf die Terrasse und genossen die wiedergekehrten Sonnenstrahlen, die den starken Regen schnell vergessen ließen.

 

In der fröhlichen Runde erzählte ich recht stolz, dass ich hier in Strehlen bzw. in Breslau eher Bekannte träfe als zu Hause in der eigenen Heimat. So waren wir vor einigen Jahren in Breslau auf der Dominsel. Als ich den Dom betrat, rief eine Stimme: „Hallo, Herr Dr. Fleger!“ Es war Herr Hoffmann aus Remscheid, den ich vom Bundesheimattreffen in Herne her kannte. Dieses Phänomen, Bekannte in Schlesien zu treffen, sollte auch an diesem Abend auftreten, denn einige von uns beschlossen, noch einen Spaziergang in die Altstadt zu unternehmen. So gingen wir den Marienberg hinab und schon unterhalb des sogenannten Pilzberges trafen wir zwei Männer: „Hallo, Herr Dr. Fleger!“ Es waren Herr Bernd Burghardt aus Moers und sein Bruder. Mit Herrn Burghardt stehe ich ebenfalls seit mehreren Jahren in EMAIL Kontakt und lernte ihn bei einem Heimattreffen persönlich kennen. Da muss man 900km reisen, um sich einmal persönlich wiederzutreffen…Die beiden Brüder erzählten uns, dass sie am nächsten Morgen eine Führung in den Steinbruch mitmachen würden. Diese hätte Frau Hanna Michalska (geb. Hulka) aus Eichwald organisiert. Da Hartmut den Steinbruch noch nie gesehen hatte, schlug er vor, dass man sich der Führung anschließen sollte. So rief Friedhelm noch am gleichen Tag die Hanna an, um sich für die Führung anzumelden.

 

Am Mittwoch nach dem Frühstück hieß es, dass wir die Brüder Burghardt und Hanna am ehemaligen Landratsamt treffen würden. Da die Zeit etwas fortgeschritten war, fuhren wir mit dem PKW dort hin und parkten diese hinter dem Landratsamt. Womit wir nicht gerechnet hatten: Es gab im Ratssaal einen offiziellen Empfang beim Bürgermeister Matusiak. Ebenfalls anwesend waren zwei junge Männer von der Presse, die diesen Empfang protokollierten. Herr Matusiak gratulierte mir zum Vorsitz der BHG und berichtete, dass die Stadt Strzelin (Strehlen) an einer Chronik arbeite und an der Chronik der BHG interessiert sei. So erklärte er auch, warum sich der Bau des Rathauses verzögert habe: Wie es im politischen Leben so üblich ist, hat eine verantwortliche Person die Gelder für den Rathausbau zugesagt, der Nachfolger dieser Person wollte jedoch nichts mehr davon wissen. Aber der Bürgermeister zeigte sich zuversichtlich, dass wenigstens der Bau des Turmes in absehbarer Zeit fortgesetzt werden kann. Ebenso bot er den Kauf der alten Brauerei für einen Sloty an – allerdings mit der Auflage, dass innerhalb von 3 Jahren etwas Adäquates dort aufgebaut werden müsse. Nach dem Empfang gab es ein Pressefoto, das noch am gleichen Tag auf der ersten Seite der Stadthomepage (www.strzelin.pl) veröffentlicht wurde. Herr Pusch überreichte dem Bürgermeister Matusiak ein Buch über die Sächsische Schweiz als „Danke Schön“ für den freundlichen Empfang. Bürgermeister Matusiak ließ es sich nicht nehmen, die Führung in den Steinbruch persönlich zu übernehmen. So überquerten wir mit ihm gemeinsam die Frankensteiner Straße und folgten dem Weg zum Steinbruch. Dort angekommen konnten wir die gigantischen Ausmaße des Bruches aus nächster Nähe bestaunen. Erstmals beobachteten wir, wie einige Steinarbeiter die großen schweren Granitsteine mit Hilfe von Spaltmaschinen in kleine Pflastersteine verarbeiteten – eine Arbeit, die nicht nur schwer sondern auch gefährlich und sicherlich auch gesundheitsschädlich erschien. Wer wollte, durfte sich als Andenken einen Granitstein mitnehmen. Nach dieser Führung verabschiedete sich der Bürgermeister von uns. Ich bedankte mich bei ihm für den freundlichen und herzlichen Empfang, den wir auch in all den Jahren zuvor von ihm kannten,  sowie für die sehr interessante Führung zum Steinbruch.

 

Nach der Führung besuchten wir das neue Kulturzentrum, das sich nun gegenüber vom Pietrulla Haus (Richtung Münsterberger Straße) befindet. Hier gab es Informationsmaterial und eine Etage höher eine kleine Fotoausstellung über Strehlen. Im Anschluss daran planten wir die Besichtigung des Wasserturmes. Dieser wurde nämlich von der Stadt Strzelin/Strehlen restauriert und besitzt nun eine beliebte Aussichtsplattform, von der man die Stadt und den Marienberg gut überblicken kann. Aufgrund der etwas schlechteren Zufahrtswege ließen wir jedoch von dem Vorhaben ab und besuchten stattdessen den böhmischen Friedhof, der leider immer noch verwahrlost sein Dasein fristet. Hier gibt es nur noch wenige Gräber, die man eindeutig zuordnen kann. Nach dem Besuch des Friedhofs stand erst einmal eine Mittagspause an.

 

Während der Mittagpause bestieg ich den Turm des Hotels Maria und machte erst einmal zahlreiche Aufnahmen von der Umgebung, in der Hoffnung, dass diese Aufnahmen vielleicht noch besser als die früheren werden. Von hier aus hat man einen hervorragenden Blick in Richtung Striege, die Zuckerfabrik sticht dabei sofort ins Auge. Schwenkt man nach rechts, so erkennt man die Häuser der Steinarbeiter, die an der Frankensteiner Straße entlang stehen, das Gefängnis, die Granitsteinbrüche mit den großen Kränen, im Hintergrund das Strehlener Gebirge mit dem Zobten, der an diesen Tagen besonders klar zu erkennen war. Schwenkt man von der Zuckerfabrik nach links, so überfliegt man das „Fette Dorf“, Teile von Friedrichstein / Hussinetz, wobei in dieser Richtung die hohen Bäume des Marienberges die freie Sicht teilweise einschränken. Auf der Gegenseite des Turmes kann man das Tor zum böhmischen Friedhof erkennen, aber auch hier ist überwiegend nur die Bewaldung des Marienberges zu betrachten.

 

Am Nachmittag entschlossen wir uns, die Gruppe aufzuteilen. Während Hartmut, Ingrid und Kristina den Besuch bei Frau Storlaska planten, ging ich mit Herrn Pusch, Herrn und Frau Herzog zum Ring. Herr Herzog ist nämlich auch ein gebürtiger Strehlener und wohnte für kurze Zeit in der Münsterberger Straße, bis er schließlich schon mit 2 Jahren die Heimat verlassen musste. Anhand von alten Fotos hoffte man, den Standpunkt des Elternhauses herauszubekommen. Zunächst aber überquerten wir den Park unterhalb des Marienberges mitsamt der Ohle. Hier zeigte ich Herrn Pusch das kleine Eintrittshäuschen zum damaligen Freibad. Dann kamen wir über die Burgstraße zum Ring, die am alten Amtsgericht und der heutigen Michaeliskirche vorbeiführt. Wir besuchten die Grünanlage der Kirche und hier entdeckte ich ein neues Denkmal vom Papst Johannes Paul II, der ein kleines Kind segnet. Im Gegensatz zu vielen anderen Denkmälern, wo man Ähnlichkeiten mit dem Original suchen muss,  hatte man hier den Eindruck, dass der Papst wahrhaftig vor einem steht – wirklich ein Meisterwerk. Nun gingen wir zielstrebig zur Münsterberger Straße. Herr Pusch holte die alten Fotos hervor und versuchte, irgendeinen Fixpunkt zu finden, an dem man sich orientieren könnte. Das erschien leider unmöglich. Ein junger polnischer Mann bemerkte wohl die Bemühungen von Herrn Pusch und gab ihm in internationaler Zeichensprache zu verstehen, dass er ihm folgen solle. Der junge Mann führte ihn zur Kreuzung Münsterberger Straße / Zwingerstraße. Hier war eine Vorrichtung angebracht, die wie ein überdachtes Kantholz aussah. Der Clou an dieser Vorrichtung war, dass man durch ein Schaurohr blicken konnte und zu unserer Überraschung hatten wir den Eindruck, als würde man in die Vergangenheit blicken: Ein altes Foto zeigte das, was man früher von diesem Standpunkt aus gesehen hat. Dabei bewirkte ein dreidimensionaler Effekt eine gewisse Echtheit der Räumlichkeit. So konnte man einmal in Richtung Zwingerstraße (mit Postamt), Richtung Ring mit Rathaus und die Gegenrichtung zur Münsterberger Straße in insgesamt 3 Schaurohren bestaunen. Von hier aus gingen wir dann am Postamt vorbei, bogen in die Breslauer Straße ab und betrachteten das Kaiser Wilhelm Gymnasium. Vom katholischen Friedhof, der am Ende der Breslauer Straße liegt, wählten wir den direkten Weg Richtung St. Gotthardkirche. Von dort aus ging es dann über die Promenadenstraße am ehemaligen evangelischen Friedhof vorbei. Diese Straße führt schließlich an der Roten Schule und an der Großen Kirchstraße vorbei zur Brauereiruine. An der Ruine entdeckte Herr Pusch eine kleine gemütliche Bierstube und lud uns hier zu einer Erfrischung ein. So setzten wir uns draußen unter einem riesigen Sonnenschirm, und genossen das herrliche Wetter. Gegen Abend trafen wir uns alle wieder im Hotel, wo man den Tag in fröhlicher Runde abschloss.

 

Am Donnerstag stand die Wanderung durch Friedrichstein / Hussinetz auf dem Plan. Da wieder einmal ein recht heißer Tag zu erwarten war, wollten wir nicht zu spät starten und so ging es wieder durch die Altstadt, an der böhmischen Kirche und dem Pfarramt vorbei Richtung Skupin und Windmühlberg. Am Windmühlberg bogen wir rechts ab auf den alten Schulweg Richtung Kriegerdenkmal. Hier passierten wir eine alte, zerfallen Scheune, in deren Giebel das Kelchmuster noch bestens erhalten ist. Auf der Außenwand waren immer noch Einschusslöcher aus dem letzten Weltkrieg zu erkennen. Vom Kriegerdenkmal aus wanderten wir am Haus von Emma Schwarz und der ehemaligen Landwirtschaft von Hermann und Frieda Papesch vorbei zur Ziegenbergreihe. Friedhelm erzählte von seinen Erinnerungen aus seiner Kindheit, erklärte, wer wo gewohnt hatte und wo er manchmal von wem verprügelt wurde. Als ein kleiner polnischer Junge uns begegnete, begrüßte er uns freundlich mit „Guten Tag“. Wie wir von ihm herausbekamen, besuchte er die Grundschule in Strehlen und hatte bei unserer Freundin Irena Woznicka Deutschunterricht. Am Ende der Ziegenbergreihe erreichten wir Friedhelms Elternhaus und direkt benachbart das Elternhaus meines Onkels Helmut Knorrek. Nur wenige Meter weiter befindet sich ebenfalls ein Steinbruch, in dem aktiv abgebaut wird. Nun traten wir den Rückweg an, bogen jedoch sofort links ab und wählten den Weg zur ehemaligen „Kauba – Reihe“. Hier trafen wir einen älteren Mann, der Heuhaufen errichtete. Hartmut fühlte sich dadurch in seinem Element. Da er sich wunderte, warum der alte Mann schon in den frühen Mittagsstunden das Heu zusammenlegte, sprach er ihn kurzer Hand an und erfuhr, dass der Mann wohl Regen erwartet habe. Am Ende der Kauba – Reihe erreichten wir die Hauptverbindungsstraße von Strehlen nach Eichwald. Wir folgten dieser bergab bis zum Standort des damaligen Podhaisky – Saales, bogen dort links ab und wanderten durch das „Fette Dorf“ Richtung Marienberg. Am Ende des Dorfes sah man die Zuckerfabrik aus nächster Nähe, sie erschien uns zum Greifen nahe. Dabei hatte ich früher immer den Eindruck, als sei diese Fabrik so weit entfernt. Von hier aus waren es nur noch wenige 100m bis zum Hotel, das wir schließlich – auch aufgrund des heißen Wetters - recht müde erreichten.

 

Nach einer kurzen Verschnaufpause nahm ich die Gelegenheit wahr, dem Pfad am Marienberg entlang zu gehen. Ich kannte viele Fotomotive von Strehlen, die vom Marienberg aus aufgenommen worden waren, aber ich hatte trotzdem keine Vorstellung, von wo genau aus diese Fotos entstanden waren. Erstmals verfolgte ich einen breiteren Pfad am Marienberg und gelangte an eine Stelle, wo man einen freien Blick auf Strehlen hatte. Natürlich fotografierte ich diese Perspektive und landete damit wohl einen Volltreffer. Vor einiger Zeit ersteigerte ich nämlich über ebay ein koloriertes Farbfoto, das die Michaeliskirche, das Rathaus, die Brauerei und Teile der Altstadt zeigte. Auf meinen neuen Fotos konnte ich eindeutig Häuser zuordnen, die auf dem alten Foto ebenfalls zu erkennen sind. Somit konnte ich den Standpunkt für dieses alte Foto recht eindeutig festlegen.

 

Da es uns schon am Vormittag zu heiß war, verzichteten wir bei der Wanderung durch Friedrichstein auf die Besichtigung des Steinbruchs in Mittelmehltheuer. Aber wir wollten dieses am Nachmittag per PKW nachholen. So fuhren wir diesmal mit drei PKWs Richtung Niedermehltheuer. Von dort aus erreichten wir Mittelmehltheuer, wo uns die zerfallene Jirmann – Schmiede ins Auge stach, die wiederum direkt benachbart neben der gut erhaltenen Schule steht. Wir fuhren durch Zwölfhäuser zur Försterei und machten dort kurz Halt. Dann ging es wieder zurück zum Steinbruch. Wir ließen die Autos an der Straße stehen und gingen einen kurzen Weg hoch und hörten schon von weitem, dass wohl Badebetrieb herrschte. So war es auch. Neben einigen Kindern nutzten auch drei Bauarbeiter die Gelegenheit, sich im kühlen Wasser zu erfrischen. So erzählten wir, dass die Steinbrucharbeiter hier einst vom Wasser überrascht wurden und bei der Flucht davor alles stehen und liegen lassen mussten, dass hier einmal ein Junge ertrunken war und dass ein Ehemann hier einst seine Frau ermordete und bei der Bergungsaktion fleißig mithalf. Dieser Steinbruch könnte sicher mehrere Bücher mit hochinteressanten Geschichten füllen. Nach dem Besuch des Steinbruches schauten wir noch in der ehemaligen Sonntagschule (Pultar - Saal) rein, ehe es schließlich Richtung Eichwald ging, wo wir Hanna besuchten. Herr Pusch und das Ehepaar Herzog fuhren jedoch weiter nach Danschwitz, dem Heimatort des Vaters von Herrn Pusch. Wir tranken bei der Hanna gemütlich Kaffee und ließen uns von ihr die Neuigkeiten aus dem Kreis berichten. Auf dem Rückweg durch Friedrichstein schauten wir noch in Hartmuts, Ingrids und Kristinas Elternhaus rein und wurden freundlich empfangen. Hier erzählte Hartmut, an was er sich als Kind noch erinnern konnte. Gegen Abend trafen wir wieder alle im Hotel ein und jeder berichtete, was er an diesem Tag alles erlebt hatte. Herr Pusch hatte eigentlich geplant, am Folgetag abzureisen. Aber die letzten Tage hatten ihm und seiner Begleitung so sehr gefallen, dass er gerne einen Tag anhängen wollte. Dazu benötigte er aber wieder grünes Licht von seinem Betrieb, das er auch prompt bekam.

 

Am Freitag mussten wir uns wieder trennen, weil wieder Privatbesuche anstanden. Herr Pusch und Ehepaar Herzog planten einen Ausflug zum Kloster Heinrichau. Friedhelm und Susanne Tscherny wollten ebenfalls Privatbesuche tätigen und Hartmut, Ingrid, und Kristina zog es nach Großburg und Jeline, dem Heimatort ihrer Mutter Frieda Papesch (geb. Pauli). So fuhren wir nach Großburg und besichtigten zunächst die Kirche. Hier wurde die Mutter getauft, konfirmiert und sogar getraut. Die Kirche wurde – im Gegensatz zum Rest des Ortes - schön restauriert, wobei die Arbeiten noch andauerten. In Jeline besuchten wir das ehemalige Elternhaus der Mutter. Schon in früheren Jahren wurden die Geschwister Papesch hier freundlich von der dort lebenden Familie empfangen. Auch dieses Mal: Man erkannte eine echte Freude der Familie über das Wiedersehen – ein Empfang, wie man es nur bei Freunden erlebt. Uns wurde alles gezeigt: Felder, Garten, Ställe, Landmaschinen und das Haus. Im Wohnzimmer servierte man uns selbstgemachte Wurst, Brot und eingelegte Gurken sowie erfrischende Getränke. Vater, Mutter, Sohn und Tochter saßen alle mit uns beisammen und man spürte förmlich, dass sich alle vier über unseren Besuch freuten. So entrann die Zeit und es war plötzlich Mittag. So verabschiedeten wir uns und machten uns auf den Rückweg. Weil wir nahe an Niedermehltheuer vorbeikamen, nutzten wir die Gelegenheit, die Werner Lotte (Werner ist der Mädchenname) zu besuchen. Auch hier wurden wir sehr freundlich empfangen. Auch ihre Tochter Irena Woznicka war zu Hause und so freuten wir uns über das Wiedersehen. Wir erzählten ihr von dem kleinen Jungen, der uns in Friedrichstein so freundlich grüßte. So wurden in gemütlicher Runde die Neuigkeiten ausgetauscht. Nach der Verabschiedung fuhren wir zurück zum Hotel.

 

Am Nachmittag blieb ich mit Herrn Pusch und seinen Begleitern im Hotel, während Hartmut, Ingrid und Kristina die Schwarz Emma besuchten. Herr Pusch hatte einen Teil seiner Sammlung mitgebracht, die er mir zeigte - Schriftstücke, Utensilien und Fotos aus den früheren Jahren, die mit dem Kreis Strehlen zu tun haben. Ich bestaunte vor allem die Sorgfalt und die Ordnung dieser Sammlung. Herr Pusch hatte meinen Film „In der Heimat der Großeltern“ auf seinem Laptop gespeichert, den wir dann gemeinsam anschauten. Das Besondere für Herrn Pusch und für das Ehepaar Herzog war, dass sie nun die Aufnahmen erstmals selbst zuordnen konnten, weil sie fast alle Motive in diesen Tagen besichtigt hatten. Und so ging auch dieser Tag allzu schnell dem Ende entgegen. Am Abend feierten wir gemeinsam die herrlichen Tage und die gute Stimmung.

 

 

Schon im Vorfeld der Strehlenreise planten Kristina und ich, auf der Rückreise bei Herrn Pusch Halt zu machen, um Hartmut die Pension Zur alten Säge und vor allem die gute Küche zu zeigen. So schwärmten wir ihm schon vor zwei Jahren von den Rouladen mit Klößen und Rotkohl vor. Während der gemeinsamen Tage in Strehlen hatten wir Herrn Pusch über unsere Absicht informiert, der prompt einen Tisch und 6 Portionen Rinderrouladen reservieren ließ. So reiste Herr Pusch am Samstag schon etwas früher ab, um zu Hause noch Vorbereitungen treffen zu können. Etwas später traten auch wir die Rückreise an. So trafen wir nach etwa 300km am frühen Nachmittag in Dorf Wehlen ein. Herr Pusch war schon wieder voll im Einsatz, denn es waren zahlreiche Gäste anwesend. So konnten wir uns wieder einmal in einem gemütlichen Umfeld von dem leckeren Essen überzeugen und die Tage Revue passieren lassen. Nach einer kleinen Betriebsbesichtigung hieß es dann endgültig, Abschied zu nehmen. Die Rückreise wurde glücklicher Weise ohne Zwischenfälle und ohne Stau fortgesetzt, so dass wir gegen 22:30 Uhr zu Hause ankamen.

 

Dr. H.-W. Fleger