Museum: Konzept nach Martin Düspohl, Krzysztof Ruchniewicz

 

Das Museum Strehlens und des Strehlener Landes am Maria Sklodowska-Curie Lizeum. Entwurf

 

Die Stadt Strehlen besaß nach dem Zweiten Weltkrieg kein Museum. Es gab zwar ein Museum zur deutschen Zeit, das in den 30er Jahren eröffnet wurde, aber nach dem Krieg wurde es aufgelöst. (Was mit den Austellungsstücken passierte, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden). Die politische Wende in Polen 1989 eröffnete neue Möglichkeiten, an die unterschiedlichen historischen, wirtschaftlichen und kulturellen Traditionen der nach dem Zweiten Weltkrieg an Polen angeschlossenen Gebieten anzuknüpfen und sie besser kennenzulernen. Es entstanden viele Buchprojekte und neue Gesellschaften wurden gegründet. Zur Zeit beobachten wir eine Veränderung der Einstellung der polnischen Bevölkerung gegenüber der Geschichte dieser Gebiete vor 1945. Dabei spielten u.a. die regen Kontakte mit den ehemaligen deutschen Bewohnern eine große Rolle. Die Bundes-heimatgruppe Strehlen unterhielt seit vielen Jahren gute Kontakte mit dem heutigen Strzelin. Auch die Idee zur Gründung des neuen Museums wird von ihr sehr lebhaft unterstützt.

 

Bei der Herausbildung einer neuen niederschlesischen Identität kommt der heutigen Schule eine besondere Rolle zu. Die bisherigen musealen Unternehmungen an den Schulen beschränkten sich hauptsächlich auf die Schaffung von nationalen Erinnerungsräumen, deren Form sehr statisch und eher konventionell war. Es scheint, daß bei dem heutigen Verhältnis der Jugendlichen gegenüber der Lehre die Suche nach dynamischen Formen notwendig ist, also Formen, die die Anteilnahme der Schüler an der Arbeit des Museums voraussetzt.

 

Das Ziel des neuen Museums sollte die Integration der Geschichte Strehlens und der Umgebung sein, die bis jetzt in deutlicher Abgrenzung auf sogenannte polnische und deutsche Anteile existierte.

 

Für das zuküftige Museum Strehlens und des Strehlener Kreises stellt das dortige Lyzeum einen Raum zur Verfügung. Im Klassenraum des Lyzeums kann ein Anfang gemacht werden. Die räumlichen Bedingungen sind zwar nicht gut, aber möglicherweise eine besondere Herausforderung und eine Chance für ein „lebendiges“ Museum. Der Klassenraum soll auch weiter für schulische Zwecke genutzt werden, möglicherweise eine Art Fachraum für Geschichte/Heimatkunde, in dem auch ganze Klassen/Gruppen arbeiten können. Insofern sollten die vorhandenen Bänke und Stühle in das Konzept integriert werden. Eine ständige Ausstellung sollte einen Überblick über die Geschichte Strehlens als Spiegel europäischer Geschichte bieten. Für diesen Zweck könnte man zunächst nur die Wände und die Freiflächen zwischen den Fenstern benutzen, an die eine gut gemachte Tafelausstellung angebracht werden könnte. Diese Tafel könnten in wenigen prägnanten Schritten die wichtigsten Entwicklungslinien der Strehlener Geschichte chronologisch nacherzählen, ergänzt um einige thematische Tafeln, z.B. "der Steinbruch", "die reformierte Gemeinde" o.ä. - also wenig Text, einige wenige Zahlen, gute große Fotos, Vergrößerungen zeitgenössischer Lithografien o.ä., insgesamt vielleicht 10 bis 12 Tafeln 80x80 cm oder 1mx1m, die grafisch gut gemacht sein sollten. Dabei handelt es sich dann um so etwas wie die "Rahmung" dessen, was sich im Innern des Raumes abspielen soll/wird, das dann Veränderungen unterliegt, bzw. von den Schüler/innen nach und nach gefüllt werden kann. Die Schulbänke selbst sollten ebenfalls als Informationsträger fungieren. Jede Bank könnte mit einer Landkarte / Ausschnitt Kreis Strehlen kaschiert werden, jeweils aus unterschiedlichen Zeiten/Epochen. Zusammen genommen ergäben alle Bänke dann eine Ausstellung „700 Jahre Strehlen auf Landkarten”. Der Charakter als Arbeitsfläche bleibt erhalten (z.B. Glasplatte).

 

Im Raum könnten verschiedene "Türme" stehen, und zwar Würfel - übereinander geschichtet, Grundfläche 40x40cm, vielleicht auch etwas größer, deren Inhalte nach und nach erarbeitet werden.

 

die "Türme der Schätze"

aus stabilem Sicherheits-Glas (mit geschlossenen Kuben) bilden Vitrinen für interessante Exponate / Originale, die z.B. die Bundesheimatgruppe zur Verfügung stellt oder ältere Bewohner/innen Strehlens. Sie sind unzugänglich und gesichert. Kurze Erläuterungen, wenig Ordnung - also Prinzip „musee sentimental”.

 

der "Turm des Wissens"

ebenfalls aus Glas oder aus anderen Materialien gefertigt fungiert als freistehendes Regal, z.B. für wichtige Literatur zu Themen Strehlener Heimatgeschichte, die nach und nach gesammelt wird. Die Kuben sind an einer Seite offen, können auch mit Hängeordnern bestückt werden, in denen sich folierte Farb-Kopien von historischen Fotos/Postkarten oder Kopien anderer Materialien topografisch geordnet und mit Kommentaren versehen befinden. Man kann alles herausnehmen, sich an die Bänke setzen und studieren.

 

der "Turm der Erfahrungen"

als Hörstation gestaltet, also mit mini-disc-Rekordern und Kopfhörern bestückt. Die Schüler/Besucher können wählen aus einer (wachsenden) Anzahl von minidiscs mit Interviewaufzeichnungen biografischer Erzählungen (deutsch und polnisch) und diese dort abhören. Weiterhin stehen minidisc-Geräte zur Ausleihe zur Verfügung, damit Schüler/innen weitere Interviews durchführen können.

In diesem Turm befindet sich allerdings nie das Originaltonmaterial, sondern immer nur Kopien, die auch mal verschwinden können, ohne dass ein großer materieller Verlust entsteht (ähnlich ist es bei den anderen Türmen, außer Turm der Schätze). Das Material kann im Rahmen von Wettbewerben gewonnen werden.

 

die "Türme der Strehlener Themen und seiner Umgebung"

sind Trägermaterial für thematische Miniausstellungen, die die Schüler selbst herstellen (hier sind viele phantasievolle Gestaltungformen denkbar) zu einzelnen stadt- und regional-geschichtlichen Themen. Sie können wechseln, neu bestückt und erweitert werden. Z.B. können die Würfelflächen auch Fotos sein, oder Texte oder Reproduktionen von Dokumenten - jeweils von den Schülern gestaltet. Diese Ausstellungen müssen nicht nur historische Themen ansprechen, sondern die Fragen der Natur, Touristik, bekannter und weniger bekannter Persönlichkeiten aus Strehlen und Umgebung. Die komplizierten Fragen der deutsch-polnischen Nachbarschaft, vor allem im 20. Jahrhundert, könnten am Beispiel von konkreten Familien dargestellt werden. Das Bildmaterial könnte im Rahmen unterschiedlicher Wettbewerbe, wie z.B. eines Fotowettbewerbs gewonnen werden.

 

Die Gründung des Museums ist ohne die Teilnahme der Stadt- und Kreisbehörden, ohne die Zusammenarbeit der ehemaligen Bewohner Strehlens und selbstverständlich der heutigen Bewohner Strzelins, vor allem der an Geschichte und Gegenwart interessierten Bewohner, nicht zu denken. Man muß bei der Realisierung dieses Vorhabens mit der Hilfe von Geschichtslehrern und Lehrern der anderen Fächern aus unterschiedlichen Strehlener Schultypen und Schulen des Kreises rechnen.

 

Die Hilfe bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Ausstellungen deklarierte das Kreuzberg-Museum in Berlin, das sich mit der Organisation von Austellungen zur „kleinen Geschichte“ in den letzten Jahren einen besonderen Ruf erworben hat. Man kann darüber hinaus mit der Hilfe der Bundesheimatgruppe Strehlen und der Mitarbeiter des Historischen Instituts der Universität Wroclaw rechnen (Interviews, Vorträge, Konferenzen, Zugang zur Literatur und Quellen, Hilfe bei der Sammlung von Erfahrungsberichten und ihrer Auswertung udgl.).

 

Das Museum sollte der Geschichtslehrer des Lyzeums betreuen, der zur weiteren Arbeit an der Konzeption des Museums unbedingt miteinbezogen werden mußte.